Rennbahnstr. 100, 50737 Köln Weidenpesch
Aktuelles
Starter
Rennstall
Erfolge

DAS SAGT DER HANDICAPPER

15. 11. 2024

Der Gruppe I Erfolg von Eckhard Sauren’s Assistent bei seinem letzten Karrierestart am vergangenen Sonntag in München, war für die Beteiligten ein ganz besonders emotionaler Sieg.

In seinem monatlich bei Deutscher Galopp erscheinenden Blog, hat sich nun auch Chefhandicaper Harald Siemen noch einmal diesem Erfolg mit einem Beitrag in gewohnt lesenswerter Manier angenommen. Den Text geben wir hier gerne im Original wieder und sagen Danke, denn viel besser kann man Karriere und Charakter eines solchen Ausnahmepferdes nicht mehr Revue passieren lassen.

DAS HERZ EINES RENNPFERDES

Im Jahre 1930 erschien bei der Schallplattenfirma Electrola ein Lied, das in das Kulturgut des deutschen Schlagers einging: “Das Herz eines Boxers“. Es war der Titelschlager zum Sportfilm „Liebe im Ring“, in dem die deutsche Schwergewichts-Legende Max Schmeling den Kehrreim des Liedes etwas unbeholfen, aber mit souveräner Würde deklamiert: „Das Herz eines Boxers kennt nur eine Liebe/Den Kampf um den Sieg ganz allein/ Das Herz eines Boxers kennt nur eine Sorge/ Im Ring stets der Erste zu sein.“ Das Lied hatte noch ein langes Nachleben, zahlreiche Coverversionen erschienen, ein Theaterstück auch, und Marius Müller-Westernhagen veröffentlichte ein Studioalbum unter dem Titel dieses Liedes. Soweit der Boxer. Doch was ist eigentlich mit dem Herz eines Rennpferdes?

Sitzt nicht auch tief im Herzen des Vollblüters der Wille zu Kampf und Sieg? Oder sitzt er doch woanders? Federico Tesio, immerhin eine Instanz von einigem Gewicht auf diesem Gebiet, sagte einst: „Ein Pferd galoppiert mit seiner Lunge, hält durch mit seinem Herzen und gewinnt mit seinem Charakter.“ Doch egal, ob Lunge, Herz oder Kopf: Am Sonntag beim G1-Allianz Großen Preis von Bayern hat der fünfjährige Hengst Assistent den bisherigen Lobeshymnen über die Ehrlichkeit und Treue des Vollblüters ein weiteres, bedeutendes Kapitel hinzugefügt. Mit nahezu beispiellosem Einsatz rang er die schon im sicheren Hafen gewähnte englische Stute Tiffany noch nieder und ging mit einem Hals Vorsprung als Sieger durchs Ziel.

Mit dem Sieg in München setzte Assistent den Schluss- und Höhepunkt seiner Rennlaufbahn, es soll jetzt ein Posten als Deckhengst für ihn gefunden werden. Aber so sehr man ihm das gönnt, so schade ist es doch, dass er nicht noch ein Jahr im Rennstall bleiben darf. Denn bisher hat er sich noch in jedem Jahr steigern können. Sein erster Sieg kam gleich in einem Listenrennen zustande, im Derbytrial von Hannover. Damit schaffte er es in letzter Minute noch mit der Nummer 17 ins Derbyfeld, in dem er – noch in den Farben von Liberty Racing – hinter dem Sieger Sammarco Vierter wurde, was ihm am Jahresende eine Marke von 95 Kg einbrachte. Die konnte er im folgenden Jahr durch Siege im G2-Carl Jaspers-Preis und G2-Großen Hansa-Preis auf 97,5 kg steigern. Der Erfolg im Allianz-Großer Preis von Bayern brachte ihm jetzt mit 98,5 kg (Rating 117) eine neue Bestmarke ein. Die Basis hierfür lieferte der drittplatzierte Godolphin-Hengst Ancient Wisdom, der mit einer Marke von 97 kg angereist war. Was bei Assistent besonders beeindruckt, ist seine Beständigkeit und seine Treue, mit der er sich jedes Mal nach vorne arbeitete. Bei 23 Starts gewann er sieben Mal und brachte noch weitere 13 Mal Geld nach Hause. Neben seinen vier Grupperennen gewann er auch noch drei Listenrennen.

Fotos: Marc Rühl